Damals war es !
Geschichten aus dem Vereinsleben des DUC Berlin e.V.
(Ausgebuddelt von Heinz-Dieter Seiffert – im Dezember 2005)
1963 – 1965. Die erfolgreichen Nikolaus-Schwimmen im Baldeneysee / Essen
Als sich bei der „Deutschen Meisterschaft – Freigewässer – Langstrecke“, am 13./14. August 2005 die Teilnehmer für das 6 km Schwimmen im Wannsee an den Start begaben, da kamen mir, diesmal als aktives Mitglied im Schiedsgericht, Erinnerungen auf, dass wir uns als Mannschaft des DUC Berlin ebenfalls schon mal vor längerer Zeit diesem feuchten Vergnügen erfolgreich hingegeben hatten !
Aufgrund der sportlichen Kontakte zu anderen Vereinen des VDST hatten wir erfahren, dass die TSG (Tauchsportgemeinschaft) Essen e.V. bereits seit 1961 ihr traditionelles 6km Nikolaus-Schwimmen um den „Baldeneysee – Wanderpokal“ auf dem Baldeneysee bei Essen ausrichtet. Im Bezug zur fortgeschrittenen Jahreszeit entstand daher die Bezeichnung Nikolaus-Schwimmen und als Begründung für dieses Schwimmen wurde ein Konditionsvergleich zu weiteren Tauchvereinen angeführt.
Der damalige Sportliche Leiter des DUC Berlin Gustav Hassenpflug erhielt dann auch auf Umwegen aus Essen eine Einladung für unseren Verein, an diesem Schwimmen teilzunehmen. Nach Rücksprache mit einigen interessierten Mitgliedern wurde gemeinsam beschlossen, dass wir, um dieser freundlichen Einladung nachzukommen, erstmalig am 30. November 1963 mit einer schlagkräftigen Mannschaft zu diesem 3. Wettbewerb der TSG nach Essen fahren
Das Problem bestand jetzt nur noch darin, dass keiner unserer Aktiven jemals die Strecke von 6km in einem Wettkampf geschwommen war. „Das macht gar nichts“, sagte zuversichtlich der Sportliche Leiter, „dann trainieren wir eben ab jetzt intensiv für diesen Wettbewerb!“
Wie gesagt, so getan! Um uns auf die Strecke, die Dauer der Belastung, die richtige Ausrüstung und die erforderliche Kondition einzustimmen wurde ab sofort gemeinsam trainiert. Zunächst wurden die vielen Bahnen im Schwimmbad geschwommen, was aber bei dieser langen Strecke keine Begeisterung hervorrief. Dann wurden regelmäßig entsprechende Kilometer in unserer neuen Kiesgrube in Spandau hingelegt und schließlich, als der Sommer vorbei war und das Wasser kälter wurde, trainierten wir weiter in der Havel, rund um die Insel Schwanenwerder.
Um diese notwendigen Trainingseinheiten auch regelmäßig durchzuführen, brachten wir alle die erforderliche mannschaftsbezogene Motivation auf. Mit der Zeit ging dann auch der Muskelkater vorüber, der Schutzanzug saß richtig und scheuerte nicht mehr unter den Armen, die Trainingsstrecken wurden immer vertrauter und in der Gruppe entwickelte sich auch ein gewisser Ehrgeiz untereinander, nicht immer als letzter Teilnehmer aus der Gruppe die Trainingsstrecke durchzuschwimmen.
So fühlten wir uns allmählich auch körperlich fit für das bevorstehende Schwimmen und fuhren recht zuversichtlich am 30. November 1963 an den Baldeneysee. Zu unserer moralischen Unterstützung nahmen erfreulicherweise auch weitere Mitglieder aus dem Verein an der Fahrt teil.
Vom Schiedsgericht erfuhren wir vor Ort, dass sich zu diesem 3. Nikolaus-Schwimmen über 60 Teilnehmer aus 10 Vereinen, u.A. auch aus Holland und Italien, angemeldet hatten.
Wir waren zuversichtlich und insgesamt sehr gut vorbereitet und bildeten als Vereinsmannschaft eine kameradschaftliche Einheit, die sich als Team erfolgreich in diesem Wettkampf durchsetzen wollte.
Der erste Start in diesem großen Pulk jedoch, sowie der gesamte Verlauf des 6 km Schwimmens hinterließ bei uns einen nachhaltigen Eindruck. Dank unserer zahlreichen Trainingseinheiten und unserer guten Verfassung lief aber fast alles wie geplant ab. Wir kannten die Distanz und unsere Kondition und so teilte sich jeder von uns seine Kräfte so ein, dass wir schließlich mit mehreren Schwimmern die Vorhut des Pulks bilden konnten. Lag man erst einmal außerhalb der Meute, dann konnte man sich auch voll auf die Strecke konzentrieren und einen rationellen Schlag schwimmen.
Zur großen Überraschung der Veranstalter kamen dann von den ersten 6 Schwimmern genau 5 Mannschaftsmitglieder des DUC Berlin nacheinander ins Ziel eingeschwommen !
Da von jedem gestartetem Verein die 5 schnellsten Teilnehmer als Mannschaft gewertet wurden, war uns somit bereits zum Premiere-Schwimmen der 1. Mannschafts- und auch der Einzelsieg zugefallen.
Auf dem stimmungsvollen Festabend, in den Clubräumen des ETUF (Essener Turn- und Fechtclubs), konnten bei der Siegerehrung folgende Schwimmer des DUC Berlin zum ersten mal den „Baldeneysee-Wanderpokal“ , für die beste Mannschaftsleistung, in Empfang nehmen:
1. Platz Michael Smolarz 1:11,35 Std.
2. Platz Peter Kopsch
4. Platz Heinz-Dieter Seiffert
5. Platz Jürgen Hachtmann
6. Platz Gustav Hassenpflug
7. Platz Horst Knolle
11. Platz Günter Schuster
27. Platz Gerhard Babik
Dieser Erfolg unserer Mannschaft weckte nachfolgend im Club ein großes Interesse für das Langstrecken Schwimmen. Jedem Teilnehmern aus 1963 wurde dadurch natürlich auch 100%ig klar, dass im kommenden Jahr der Wanderpokal erfolgreich zu verteidigen ist.
Das Training auf der langen Strecke konnte in 1964, wieder unter der erfolgreichen Leitung von Gustav, intensiv fortgesetzt und sogar noch ausgeweitet werden. Abwechselungen gab es zeitweise nur mit der Trainingsstrecke, denn die langen Runden um Schwanenwerder herum boten eine andere Kulisse als die kurzen Runden auf unserer Kiesgrube in Spandau. Die Strecke blieb jedoch stets unverändert mit gut 6km Länge vorgegeben, wobei sich aber auch mit der Zeit die persönliche Kondition bei jedem Trainings-Teilnehmer deutlich verbesserte und stabilisierte.
Derart über das ganze Jahr hinüber fit gemacht, meldete sich der DUC Berlin wieder mit einer Mannschaft, zur Teilnahme beim 4. Nikolaus-Schwimmen, am 21. November 1964 auf dem Baldeneysee, bei der TSG Essen an.
Wir hatten natürlich auch bereits in der Mannschaft diskutiert, wie wir uns beim Start untereinander besser kenntlich machen, damit wir uns nicht gegenseitig behindern, sondern eher noch einen Bereich für die schnelleren Schwimmer freihalten können. Unser Beschluss lautete, wir ziehen uns erst kurz vor dem Start eine weiße Badekappe über die Kopfhaube auf und sind somit untereinander besser deutlich erkennbar.
An diesem nebligen und regnerischem Wettkampf-Samstag hatten sich überraschend 91 Schwimmer aus 15 Vereinen (davon 3 Vereine aus Holland) zusammengefunden, um die auf 7 km verlängerte Strecke abzuschwimmen.
Der Massenstart bildete wieder das Hauptrisiko. Man musste schnell aus dem Pulk heraus kommen, da einem hier die Flosse ausgezogen oder die Maske heruntergerissen werden konnte. Ob bei diesen Aktionen jemals eine Absicht oder nur ein Versehen vorlag ließ sich nie genau klären.
Unsere Mannschaft erregte mit ihren weißen Badekappen bei den anderen Schwimmern große Aufmerksamkeit, zumal wir auch noch am Start mit unseren Schwimmern im Wasser zwei kurze Reihen hintereinander bildeten. Die Schnelleren von uns wurden somit nach hinten abgeschirmt und die nicht so spurtstarken Kameraden schafften dadurch unseren Favoriten ungestörte Voraussetzungen für die erste lange Spurtstrecke.
Nach dem erneut gelungenem Start musste man sich diesmal besonders intensiv auf den Verlauf der Strecke konzentrieren, da bei dem dichten Nebel gerade einmal die nächste Schwimmboje zu erkennen war. Von kleinen Motorbooten begleitet wurde man zur Wende- und Kontrollplattform eskortiert und schon hier konnte man deutlich erkennen, dass sich bereits einige Schwimmer mit weißer Badekappe im Spitzenfeld befanden.
Wegen der schlechten Sichtverhältnisse und der erweiterten Streckenführung mussten diesmal die Zielrichter etwas länger auf die Schwimmer warten. Sie waren dann auch nicht mehr ganz so stark wie im Vorjahr überrascht, dass erneut die Mannschaft des DUC Berlin vorne lag.
Wieder gab es einen stimmungsvollen Festabend in den Clubräumen des ETUF. Nach der Siegerehrung konnten sich dann bereits zum zweiten mal die Schwimmer des DUC Berlin den „Baldeneysee-Wanderpokal“ mit Sekt befüllen lassen.
Als erfolgreiche Mannschafts-Schwimmer wurden geehrt:
1. Platz Jürgen Hachtmann 1:38,34 Std.
2. Platz Heinz-Dieter Seiffert
4. Platz Günter Schuster
10. Platz Wilfried Elsholz
11. Platz Gustav Hassenpflug
12. Platz Michael Smolarz
18. Platz Norbert Finger
Zu Hause in Berlin wieder angelangt wurde der Wettkampf ausgiebig analysiert und es kam die einheitliche Meinung auf, dass wir trotz des erheblichen Trainingsaufwands natürlich den Pokal nochmals verteidigen müssten, bzw. mit einem dritten Mannschaftssieg für den DUC Berlin ganz in Besitz nehmen sollten.
Über das Jahr 1965 wurde somit weiterhin mächtig trainiert und die Wasseroberflächen in der neuen Kiesgrube in Spandau sowie die Umgebung rund um Schwanenwerder wurden wieder vertraut.
Schließlich zeigte sich die gesamte Mannschaft gut in Form und wir konnten uns beim DUC Essen zum 5. Nikolaus-Schwimmen um den „Baldeneysee-Wanderpokal“, am 20. November 1965, erneut als Teilnehmer anmelden.
Auch in diesem Jahr begleiteten wieder zahlreiche Clubmitglieder die Wettkämpfer, die zwar während des Schwimmens die Anfeuerungen vom Ufer her nicht wahrnehmen konnten, aber die moralische Unterstützung vor dem Start und nach dem Zieleinlauf durchaus zu schätzen wussten.
Vom Schiedsgericht wurden diesmal 84 Schwimmer aus 14 Vereinen genannt, von denen bei einer Wassertemperatur von 8°C später dann immerhin noch 65 Schwimmer ins Ziel kamen. Das Wetter war wie üblich neblig und trübe und es goss zeitweise wie aus Gießkannen vom Himmel.
Da wir klugerweise annahmen, dass diesmal weitere Vereine den weißen Badekappentrick nutzen werden, hatten wir uns zur Kennung weiße Kappen mit einem breiten roten Streifen ausgewählt. Diese Entscheidung war wieder einmal total richtig, denn es wimmelte am Start nur so von Köpfen mit weißen Badekappen, nur unsere Streifen-Kennung hob sich aus der breiten Masse ab.
Die Routine der Teilnehmer vom DUC Berlin bewährte sich abermals in diesem Jahr hervorragend und so kamen unsere schnellsten Schwimmer wieder gut vom Start weg auf die lange Strecke. Dem gesamten Team gelang erneut der Mannschaftssieg in diesem nassen und kalten Wettbewerb.
Später auf dem Festabend im Saalbau der Stadt Essen gab es großen Beifall dafür, dass die Schwimmer des DUC Berlin diesmal bereits zum dritten mal hintereinander als erfolgreichste Vereins-Mannschaft am Wettbewerb teilgenommen hatten. Als Lohn für die Mühen durften wir den „Baldeneysee-Wanderpokal“ jetzt endgültig in Besitz und mit nach Hause nehmen.
Die siegreiche DUC Mannschaft setzte sich in 1965 folgendermaßen zusammen:
2. Platz Michael Smolarz 1:10,15 Std.
4. Platz Heinz-Dieter Seiffert
5. Platz Jürgen Hachtmann
12. Platz Gustav Hassenpflug
18. Platz Manfred Klöden (Gesamtzeit: 6:17,34 Std.)
Nach diesen drei erfolgreich bewältigten Langstrecken-Wettkämpfen auf dem Baldeneysee gab es für den DUC Berlin in dieser Schwimmdisziplin erst einmal eine schöpferische Pause.
Ehe sich wieder eine Mannschaft zusammenfand, die gemeinsam auf die Langstrecke im Freigewässer trainierte und die eventuell mit einigen Erfolgschancen schließlich auch wieder in einen Wettkampf gehen konnte, vergingen ganze zwei Jahre.
Zum 7. Nikolaus-Schwimmen über 6 km auf dem Baldeneysee, am 04. November 1967, fand sich dann aber doch wieder eine Mannschaft des DUC Berlin zusammen. Durch zu geringen Trainingseifer und durch die starke Veränderungen in der Trainingsgruppe musste sich die Mannschaft diesmal jedoch mit einem guten 7. Platz als Vereins-Mannschaft, d.h. im Mittelfeld der Teilnehmer, zufrieden geben.
Am 02. November 1968 wurde dann zum ersten mal das Schwimmen über 6km auf dem Baldeneysee als „Internationaler CMAS – Wettkampf“ für den „Coupe de Corlieu“ ausgeschrieben.
Der DUC Berlin nahm jetzt ebenfalls wieder mit einer Mannschaft am Wettbewerb teil und belegte bei 74 Teilnehmern folgende guten Plätze:
26. Platz Volker Kanitz
35. Platz Christian Wehner
39. Platz Wolfgang Franz
40. Platz Rainer Schoepe
50. Platz Andreas Scheffler
62. Platz Klaus Peter Engelhardt
66. Platz Volkmar Klotz
67. Platz Wolfgang Laube
In der Wertung der Nationen siegte 1968 die starke Mannschaft aus Italien vor Deutschland und Frankreich.
Für den DUC Berlin endete jedoch nach 1968 eine langjährige und erfolgreiche sportliche Phase in der sich Sportkameraden mit hohem persönlichem Einsatz und großem Engagement als Teil einer Vereins-Mannschaft zum Langstrecken-Schwimmen im Freigewässer eingebracht hatten.
Nachfolgend fand sich in unserem Verein leider keine Mannschaft mehr zusammen, deren Mitglieder bereit waren den erforderlich hohen zeitlichen Einsatz und die körperliche Herausforderung für einen Wettkampf einzubringen, den man nämlich am Ende – und das ist heute immer noch genau so klar – nur mit sich alleine und gegen seinen inneren Schweinehund auf den langen Strecken ausfechtet.